Rückblick: Volunteer Caspar Nostitz (25) berichtet von seinem ersten Einsatz für STELP in Griechenland
Schon seit längerem interessiert mich das Thema soziale Arbeit, weil ich fest davon überzeugt bin, dass ein gewisser Grad an Hilfsbereitschaft bei jedem von uns Menschen tief verankert ist. Deshalb habe ich mich in den vergangenen Semesterferien — ich studiere Wirtschaftswissenschaften in Köln — nach einer humanitären Hilfsorganisation erkundigt, bei der ich Erfahrungen sammeln und vor allem direkt mit anpacken kann. Genau da kam STELP ins Spiel!
Die Stuttgarter Hilfsorganisation hat mir Ende August die Gelegenheit gegeben, mich während eines Aufenthalts in Griechenland als Volunteer zu engagieren. Gemeinsam mit Mitgliedern des Vorstands habe ich verschiedene Flüchtlingslager auf Lesbos, Chios und in Athen besucht. Der Hauptgrund unserer Reise war es, Partnerorganisationen — bestehende und neue — vor Ort aufzusuchen und, wo möglich, Soforthilfe zu leisten. Für STELP war es nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie der erste Besuch seit langem. Für mich persönlich war es der erste Einsatz dieser Art überhaupt.
“Kein Mensch kann so leben.”
Ich glaube, wir alle kennen die Bilder von griechischen Flüchtlingslagern aus den Nachrichten. Dort herrschen miserable Zustände. Unzureichende Lebensmittelversorgung, unzumutbare Hygienebedingungen, kaputte Zelte. So etwas gab es leider nicht nur in Europas größtem Flüchtlingscamp in Moria, sondern es ist Alltag in allen Orten, die wir besucht haben.
In Moria — nur wenige Wochen vor dem schrecklichen Brand — sind mir hauptsächlich zwei Gedanken durch den Kopf geschossen: Entsetzen und Scham. Die Lebensbedingungen sind miserabel, kein Mensch kann so leben. Als wir einige der Kinder zum Lachen bringen wollten, konnte man in ihren Gesichtern keinerlei Emotionen ablesen. Ihre Mimik war versteinert. Diese Kinder sind hoch traumatisiert.
Und ich habe mich geschämt. Geschämt, dass ich Bürger der EU bin. Normalerweise bin ich ein großer Fan dieser Institution, der Werte, die sie vertritt. Aber diese werden hier buchstäblich mit Füßen getreten. Es ist ein Witz, dass im politischen Zentrum Solidarität gepriesen wird, aber diese offensichtlich in einem Flüchtlingscamp nicht gilt.
“Ihr Weg in die Freiheit ist noch lange nicht vorbei.”
Das alles mit eigenen Augen zu sehen, hat mich zutiefst bewegt und teils fassungslos gemacht. Noch prägender empfand ich allerdings die persönlichen Gespräche mit den Geflüchteten, bei denen ich nicht viele Fragen stellen musste. Die Menschen haben ihre Geschichten von sich aus mit mir geteilt. Sie sprachen über die erschütternden Beweggründe ihrer Flucht, den gefährlichen Weg bis zum jetzigen Standort und vor allem darüber, dass sie noch lange nicht am Ziel sind. Denn auch wenn diese Menschen nach jahrelanger Wartezeit das Glück haben Asyl zu bekommen, ihr Weg in die Freiheit ist noch lange nicht vorbei — vor allem nicht in Griechenland.
Diese Menschen müssen immer weiterkämpfen. Für eine Arbeitserlaubnis, für eine Unterkunft, für eine Sozialversicherungsnummer. Das sind die nächsten, unverzichtbaren Schritte, die den Geflüchteten bevorstehen, die sie aber ohne Hilfe von engagierten Einzelpersonen oder NGOs kaum alleine bewältigen können. Genau deshalb sind Organisationen wie STELP so unfassbar wichtig.
Seit das Feuer am 8. September Moria fast vollständig zerstört hat, sind die Herausforderungen noch größer geworden. Da offensichtlich kein politisches Interesse besteht, eine langfristige Lösung zu finden, wird uns das Thema noch eine sehr lange Zeit beschäftigen.
Ich hoffe, dass meine Arbeit vor Ort in Griechenland ein wenig zur Verbesserung der Situation dort beitragen konnte. Dabei kann man es aber nicht belassen. Organisationen wie STELP sind dauerhaft auf ehrenamtliche Helfer angewiesen — und auf Spenden. Wenn euch das Thema und die Arbeit von STELP interessiert, dann meldet euch bitte. Wir sind dankbar für jeden, der uns unterstützt, egal in welcher Form.